Entwicklung der Wälder
Vor etwa einer Million Jahren begann in Europa ein Zyklus von vier nacheinander folgenden Kaltzeiten. Sie wurden nach den Namen von vier Fließgewässern aus den Alpen benannt - Günz, Mindel, Riss und Würm. Die fast 100 000 Jahre langen Kaltzeiten (Glaziale) werden durch kürzere Warmzeiten (Interlgaziale) unterbrochen. Der Zeitabschnitt, der nach der letzten Kaltzeit eintrat, wird als Holozän bezeichnet. Somit ist das Holozän vermutlich eine Warmzeit. Zu seinem Beginn starben viele Arten großer Säugetiere aus, wie zum Beispiel das Mammut. Den Klimastufen nach wird das Holozän in das Präboreal, Boreal, Atlantikum, Subatlantikum und Subrezent gegliedert.
Durch Pollenanalysen konnte festgestellt werden, dass seit dem Rückgang des Gletschers bis in eine Zeit von vor etwa 10 000 Jahren die Böhmerwälder Landschaft von ihren mittleren bis in ihre Höhenlagen durch eine waldlose steinige Tundra bedeckt war. Das war eine Landschaft, die heute für Gebiete hinter dem Polarkreis typisch ist.
Als Präboreal wird der Klimaabschnitt zwischen 10 000 bis 9 000 vor Christi bezeichnet, in dem es zu einer allmählichen Erwärmung und einem leichten Anstieg der Luftfeuchte kam mit Durchschnittstemperaturen, die um etwa 5oC tiefer lagen, als die heutigen. Das hatte maßgebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Vegetation. Bis in die höchsten Lagen des Böhmerwaldes verbreitete sich die Tundra, und in den mittleren Gebirgslagen begannen die Waldkiefer und die Moor-Birke zu wachsen. Am Ende dieses Abschnitts kommen vereinzelt die Haselnuss, die Eiche und die Ulme vor. Von den Alpen aus begann die Gemeine Fichte, sich in den tieferen Lagen des Böhmerwaldes zu verbreiten.
Als Boreal wird der Zeitabschnitt zwischen 9 000 bis 8 000 vor Christi bezeichnet, in dem es zu einer weiteren Erwärmung mit trockenen Sommern und einer um etwa 2 oC höheren Jahresdurchschnittstemperatur als der heutigen kam. Dank des Temperaturanstiegs wichen im Böhmerwälder Vorland die Kiefer und Birke zuerst der Haselnuss, später dann gemischten Eichenwäldern. Diese verbreiteten sich folgend bis in die mittleren Gebirgslagen. In die höheren Lagen des Böhmerwaldes drang demgegenüber die Fichte ein.
Als Atlantikum wird eine Klimastufe zwischen 8 000 bis 5 000 vor Christi bezeichnet, die sehr reich an Niederschlag war. Die durchschnittliche Jahrestemperatur war um etwa 3 oC höher als heute. Dank dieser klimatischen Bedingungen stellte sich eine mächtige Entwicklung der Vegetation ein, die sich dank der Feuchte und Wärme nach ihrem Absterben rasch zerlegte, wodurch die Intensität der pedogenen Vorgänge zunahm. In dieser Zeit begannen sich im Böhmerwald ab Nordwesten schrittweise die Rotbuche, und etwa um 500 – 1 000 Jahre später auch die Tanne zu verbreiten. Vor etwa 7 000 Jahren wurde die Gemeine Fichte zur überwiegenden Holzart in den höchsten Gebirgslagen.
Als Subboreal wird das Zeitalter zwischen 5 000 bis 2 500 vor Christi bezeichnet. Das Klima war trocken, mit einer Temperatur, die im Schnitt um 1 bis 2oC höher war als heute. Die obere Waldgrenze lag auch weiterhin wesentlich höher als heute, in Folge der Trockenheit verringerte sich aber die Fläche der Moore. Am Ende dieses Zeitalters begann das Wetter, größeren Schwankungen zu unterliegen und sich abzukühlen.
Als Subatlantikum wird ein Zeitalter zwischen 2 500 bis 1 400 vor Christi bezeichnet, in dem das Klima feuchter und kühler als heute war. Die obere Waldgrenze reichte im Böhmerwald bis zu den höchsten Gipfeln. Die flache Oberfläche der Böhmerwälder Ebenen in Höhenlagen über 1 000 m zusammen mit hohen Niederschlagsmengen machten die Entstehung ausgedehnter Hochmoore möglich. Die Abkühlung des Klimas führte dazu, dass Fichte, Buche und Tanne die Eichenhaine verdrängten. Ihr historisches Maximum erreichte die Verbreitung der Tanne, der Buche sowie der montanen Fichtenwälder vermutlich um die Jahrhundertwende.
Als Subrezent wird die Zeit ab 1 400 vor Christi bis in die Gegenwart bezeichnet, in der sich der Einfluss des Menschen bemerkbar machte. Die Besiedlung drang bis hoch ins Gebirge ein, wo der Wald gerodet, entwässert und durch Vieh beweidet wurde. Auf den abgeholzten Flächen sowie in den lichten Wäldern begannen sich wieder lichtliebende Holzarten zu verbreiten - die Buche, die Kiefer, die Birke und verschiedene Sträucher, zum Beispiel der Holunder. Die sich zunehmend auswirkende Landwirtschaft führte zu großen Veränderungen der Landschaft, einschließlich des Waldes. Anstatt natürlicher Wälder wurden Kulturwälder, überwiegend Monokulturen, angelegt.
Erkenntnisse über die Entwicklung der Wälder während der älteren Zeiten des späten Glazials sowie im Postglazial konnten auf Grundlage von Pollenanalysen und Pflanzenresten ermittelt werden, die sich meistens in Böden organischen Ursprungs befanden, wie es Hochmoore und Flachmoore sind. Das Verfahren der Pollenanalyse macht sich die Tatsache zunutze, dass Pollen der meisten Holzarten im Moor gut konserviert werden. Der prozentuale Anteil der Pollen einzelner Holzarten deutet auch auf die Artenzusammensetzung der Gehölze in der Umgebung der Moore hin. Auf Grundlage einer Analyse von Moorschichten unterschiedlichen Alters kann dann ein Diagramm der Anteile der einzelnen Holzarten in den einzelnen Abschnitten des Holozäns abgeleitet werden. Die Methode der Pollenanalyse kann somit als ein exaktes und objektives Verfahren der historischen Forschung betrachtet werden.