Der Chinitz-Tettauer Schwemmkanal
Die Pläne für das Holzschwemmen in dem Wildbach Widra (Vydra), im Kieslingbach (Køemelná) und weiter der Wottawa (Otava) tragen ein altes Datum. Die Bauern des Stadelner Freigerichtes (Stodùlecká rychta) und der Stadt Bergreichenstein (Kašperské Hory) flößten zwar Holz nach Schüttenhofen (Sušice), aber nur bei hohem Wasserstand zur Schneeschmelze im Frühjahr. Unter normalen Umständen waren die Fließgewässer für das Holzschwemmen ungeeignet. 1795 wurde durch den kaiserlichen Kommissar des Prachinger Kreises von Bayerweck ein Plan zum Holzschwemmen vorgelegt, der aber wegen Mangel an Kapital scheiterte. Für den Plan von Bayerwecks interessierte sich Joseph Rosenauer, der ihn als machbar einschätzte. So empfahl er der fürstlichen Verwaltung, dass der Fürst vom Grafen Kinsky entweder die Prachinger Herrschaft oder das Holz kauft und dieses auf eigene Kosten nach Prag verflößt. Am 6. März 1799 kaufte Joseph II. Fürst zu Schwarzenberg die Prachinger Herrschaft für 400 000 Gulden vom Grafen Kinsky, der die Herrschaft 1763 ursprünglich für 26 600 Gulden erwarb.
Im März 1799 wurde durch Rosenauer der fürstlichen Verwaltung ein detaillierter Plan für den Bau des Kanals vorgelegt, der vom Fürsten Schwarzenberg gebilligt wurde. Im Juni 1799 wurde mit dem Bau unter der Leitung des Ingenieurs Franz Adler begonnen. Am ersten Jahr arbeiteten am Bau des Kanals 200 Arbeiter. Wegen schlechter Witterung schritten die Arbeiten aber nicht so rasch voran, wie sich das Rosenauer gewünscht hätte. Im Frühjahr 1800 arbeiteten deshalb am Bau 108 Maurer, 203 Zimmerleute und 1 000 Tagelöhner, die aus der gesamten Schwarzenberger Herrschaft zusammengezogen wurden. Dem Bau traten aber Hindernisse in den Weg: so musste die fürstliche Verwaltung die protestierenden Müller entschädigen, die gegen den Kanal Einwände erhoben hatten, und auch ein Schwemmprivileg von 1783 regeln, mit dem das Recht zum Holzschwemmen der Stadt Bergreichenstein verbrieft wurde. Die Schwarzenbergsche Verwaltung kaufte deshalb für 50 Jahre von der Stadt Bergreichenstein sämtliches eingeschlagenes Holz und verpflichtete sich, der Stadt nach Bedarf Brennholz zu liefern. Erst danach, im September 1801, wurde durch Kaiser Franz II. dem Fürsten Schwarzenberg ein Privileg für 30 Jahre verbrieft.
Der Kanal beginnt mit der 72 m langen und 3,5 m breiten hölzernen Rechelbrücke (hradlový most Rechle), die als Überbrückung der Widra und zum Auffangen des geflößten Holzes dient, das folgend in die Mündung des Schwemmkanals geleitet wurde. Der Kanal umgeht den ungeeigneten steinigen Abschnitt der Widra fast entlang der Höhenlinie und wird durch eine Riese abgeschlossen, mit der das Holz in den Kieslingbach fiel. Die Länge des Kanals wird zwischen 14,4 km bis 17,8 km angegeben. Seine Breite bewegt sich zwischen 4 bis 5 m, seine Tiefe erreicht bis 1,6 m. Um das Holzschwemmen zu unterstützen, wurden auf dem Oberlauf des Maderbaches (Modravský potok) und des Rachelbaches (Roklanský potok) auch Wasserspeicher gebaut, die 90 000 m3 Wasser aufnehmen konnten. Der Bau des Kanals kostete 262 500 Gulden.
Nach Rosenauers Tod wurde der Schwemmbetrieb durch den Ingenieur Johann Kraus geleitet. 1831 wurde dem Fürsten Schwarzenberg das Schwemmprivileg für weitere 30 Jahre bewilligt. Nachdem auch diese Frist verstrich, wurde das Holzflößen nach Prag eingestellt. Seinem Zweck diente der Kanal noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, bis 1958 wurde er bis Rokyta genutzt.
Der Chinitz-Tettauer Kanal war eine Lebensader für den Holztransport im Gebiet des mittleren Böhmerwaldes. Im ersten Jahr wurden insgesamt 81 000 m3 Holz in dem Kanal geflößt. In den Anfangsjahren des Betriebes wurden üblich mehr als 20 000 Kubikklafter (ein Holzklafter sind 3,412 m3) jährlich geschwemmt.