Schwarzenberger Schwemmkanal
Die Wälder des Böhmerwaldes strotzten zu Rosenauers Zeiten mit einem riesigen Holzreichtum. Demgegenüber litt Wien, die Hauptstadt der Monarchie, unter einem schlimmen Mangel an Holz. Der Jahresverbrauch von Brennholz betrug 400 000 Klafter (ein Klafter Holz sind etwa 3,412 m3). Solch ein Holzverbrauch erschöpfte bald sämtliche Holzressourcen vor Ort. Somit lebten Pläne zur Verbindung der zwei Wasserscheiden (der Moldau und der Donau) durch einen Schwemmkanal auf, der einen Transport des Holzes aus dem Böhmerwald nach Wien möglich machen würde.
1774 erarbeitete Joseph Rosenauer den Entwurf eines Schwemmkanals, mit dem das Holz aus den unzugänglichen Wäldern an den Nordhängen des Hochfichts (Smrèina), des Plöckensteins (Plechý) und des Dreisesselbergs (Tøístolièník) geflößt werden könnte. Im darauf folgenden Jahr legte er das Projekt dem Fürsten Joseph I. Adam von Schwarzenberg vor. Das Projekt wurde aber durch die fürstliche Kommission nicht gebilligt, und auch die oberösterreichische Landesregierung war mit dem Projekt nicht einverstanden. 1778 legte Rosenauer das Projekt direkt dem Fürsten Schwarzenberg vor, wobei er den Bau des ersten Abschnitts des Kanals auf eigene Kosten ausführen wollte und die weiteren Kosten aus dem Ertrag aus dem geflößten Holz gedeckt werden sollten. Rosenauers Plan gefiel dem Fürsten so sehr, dass er die Anweisung zur seiner Ausführung gab. Mit dem Bau des Kanals wurde aber erst zehn Jahre später begonnen, als dem Passauer Bistum das Recht der Holzschwemme an der Mühl erlosch. Mit dem Dekret vom 18. Juni 1790 erteilte Kaiser Leopold II. dem Fürsten Joseph II. von Schwarzenberg für den Schwemmkanal ein dreißigjähriges Schwemmprivileg. Folgend wurden dem Fürsten Schwarzenberg die Grundstücke des Klosters Schlägl verpachtet, die für den Bau des Kanals auf der österreichischen Seite erforderlich waren.
Der Bau des Schwemmkanals fand in zwei Abschnitten statt. Der als „Alter Kanal“ genannte erste Abschnitt wurde zwischen 1789-1793 unter der Leitung von Joseph Rosenauer gebaut.
Der zweite Abschnitt, der als „Neuer Kanal“ bezeichnet wurde, mit dem berühmten, 419 m langen unterirdischen Tunnel, wurde nach Rosenauers Projekt erst nach seinem Ableben zwischen 1821 – 1823 gebaut.
Die Bauarbeiten am ersten Abschnitt des Kanals, an denen 1 200 Arbeiter beteiligt waren, wurden am 4. Mai 1789 am Rosenhügel (Rùžový vrch) begonnen. Während des ersten Jahres wurde der 29,3 km lange Abschnitt von Zwettelbach (Svìtlý potok) bis zum Hefenkriegbach (Rasovka) gebaut. An der Gemeinde Spitzbergen (Hory) mündet er in die Moldau. 1791 wurde der Kanal bis zum Seebach (Jezerní potok) gebaut, der aus dem Plöckensteinsee (Plešné jezero) fließt. Im April desselben Jahres wurde die erste Holzschwemme durchgeführt. 1793 wurde der Kanal bis zum Hirschbach bei Hirschbergen (Jelení Vrchny) hingeführt.
Der zweite Bauabschnitt des Kanals folgte erst 17 Jahre nach Rosenauers Tod unter der Leitung der Ingenieure Josef Falta und Jan Krause. Der Bau des Kanals, einschließlich des Hirschbergen-Tunnels, wurde 1821 begonnen und im Herbst 1823 abgeschlossen. Zum ersten Mal wurde am 5. Mai 1824 Holz durch den Tunnel geschwemmt.
Die sinkende Nachfrage nach Brennholz und der zunehmende Bedarf an Stammholz führten zu einem maßgeblichem Wandel im Betrieb des Schwemmkanals. 1877 wurden an dem Kanal Baumaßnahmen durchgeführt, sodass ganze Stämme geflößt werden konnten. In demselben Jahr wurde zwischen dem Kanal und der Moldau eine 3,9 km lange Verbindungsriese errichtet, die Hefenkriegbach Glitsche (Želnavský smyk), sodass Scheit- sowie Stammholz direkt bis in die Moldau geflößt werden konnte. Als 1892 die Eisenbahn aus Budweis (Èeské Budìjovice) bis nach Salnau (Želenava) durchgezogen wurde, nahm die Bedeutung der Riese weiter zu. Im unteren Abschnitt der Riese wurde ein großer Umschlagplatz gebaut, an dem das Holz auf die Eisenbahn umgeladen werden konnte. 1911 wurde die Eisenbahn über Schwarzes Kreuz (Èerný Køíž) bis nach Neuthal (Nové Údolí) und ins Königreich Bayern verlängert. Dadurch konnte das im Schwarzenberger Schwemmkanal geflößte Holz nicht nur nach Prag, sondern auch nach Deutschland verfrachtet werden.
Nach Wien wurde Brennholz das letzte Mal vom 23. bis 27. August 1916 geflößt. Während der mehr als 100 Jahre wurden durch diesen Kanal fast acht Millionen m3 Holz geflößt. Die Erträge des Holzschwemmens waren aber so hoch, dass sich die Investition für den Eigentümer der Herrschaft bereits 1795 bezahlt gemacht und das Holzschwemmen einen Reingewinn von 24 Tausend Gulden eingebracht hatte.
Ins Böhmische wurde aber Holz auch weiterhin geschwemmt, und zwar zum neuen Umschlagplatz in Salnau. Zwischen 1953 bis 1961 nahmen die Mengen des geflößten Holzes ständig ab. Die letzte Anweisung zur Durchführung einer Frühjahrschwemme wurde am 20. März 1961 erteilt.